Hehn und seine Vierzehn Nothelfer (5)

Eine heimatgeschichtliche Plauderei von Helmut Köhnes

Quelle: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des "Rheindahlen Almanach '98"

So erstaunt es nicht, daß damals eine Messe zu Ehren der Vierzehn entstand. In deren Tagesgebet wurde eine Aussage gemacht, welche die Ausnahmestellung der Nothelfer deutlich hervorhob. Gott wird angeredet: "...der Du Deine Auserwählten, Georg und die übrigen, vor allen anderen mit bestimmten Privilegien ausgestattet hast, damit alle, die in ihren Nöten deren Hilfe anflehen, gemäß dem aus Deiner Gnade stammenden Versprechen die heilsame Wirkung ihrer Fürbitte erfahren, ...". 

 

 

Barbara
Patronin der Baumeister, Schmiede und Dachdecker, hilft in Fiebersturm und Gefangenschaft.

Darstellung:
Barbara vornehm gekleidet, mit Kelch und Hostie, evtl. mit Schwert

Kirchenlexikon
BARBARA, Heilige. - Das wohl nach 520 in Oberitalien aus alten Quellen entstandene, etwa 6000 Namen umfassende Märtyrerverzeichnis der gesamten Kirche, das »Martyrologium Hieronymianum«, kennt B. nicht. Nicht einmal das in einer Handschrift des Jahres 411/12 erhaltene »Martyrologium Syriacum«, das Verzeichnis der Märtyrer des Orients, weiß etwas von B. und ihrem Martyrium. Auch in dem »Martyrologium Bedae« aus dem Anfang des 8. Jahrhunderts fehlt ihr Name, während das ungefähr derselben Zeit entstammende »Martyrologium Romanum parvum oder vetus« über sie berichtet. Der in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts lebende byzantinische Hagiograph Symeon Metaphrastes bietet in seiner Legendensammlung zuerst die abgeschlossene Barbaralegende (MPG 116, 301 ff.). Zeit und Ort ihres Martyriums werden in den Märtyrerverzeichnissen und Heiligenlegenden verschieden angegeben: entweder 235 unter Maximinus Thrax in Nikomedien oder 306 unter Galerius in Heliopolis (Ägypten). Die Legenden berichten aber übereinstimmend: B.s Vater habe seine Tochter, weil sie Christin geworden sei, dem Richter angezeigt. Da sie aber trotz aller Marter standhaft blieb, habe der Vater selbst B. enthauptet und sei zur Strafe dafür an der Stätte der Hinrichtung vom Blitz erschlagen worden. - B. zählt zu den 14 Nothelfern und wird zum Schutz gegen Blitz- und Feuersgefahr angerufen. Sie ist die Patronin der Artillerie und der Bergleute und ihr Gedächtnistag der 4. Dezember.

In diesem liturgischen Text wird hohe Theologie vertreten: Eigentlich hilft ja Gott selbst, und das allenfalls auf die Fürbitte seiner Diener hin. Aber, man höre: Gerade diese Vierzehn sind besonders auserwählt und mit besonderen Vorrechten versehen! Es liegt nahe, daß volkstümliche Theologie die Mittlerrolle der Heiligen mehr und mehr übersah und ihnen die Kraft zuschrieb, dem Gläubigen in seiner Not unmittelbar zu helfen. Die heilige Barbara wurde der Legende nach von ihrem Vater bis zu ihrem Martertod in einem Turm eingesperrt. Dadurch wurde sie zur Patronin der Architekten, die ja Türme bauen, der Glockengießer, die ja Türme benutzen, und der Bergleute, die sich als Berufsgruppe mehr als andere von plötzlichem Tode bedroht wissen. 

Katharina
Patronin des Lehrstandes und der Jungfrauen, lindertalle Schmerzen des Mundes.

Darstellung:
Katharina von Alexandria mit Rad, Krone, Palme, Buch, evtl. mit abgeschlagenem Haupt

Kirchenlexikon
KATHARINA von Alexandria ( A << hater i nh = die allzeit Reine), heilig (Fest am 25. November), war nach einer legendären Passio des 6./7. Jahrhunderts die Tochter des Königs von Zypern. Sie erlitt angeblich in Alexandria um 307 (oder 315) unter Kaiser Maxentius (?) das Martyrium. Eher dürfte es sich um den am 1. Mai 305 mit der Caesarenwürde bedachten Maximinus Daia gehandelt haben. Im 10. Jahrhundert wird das Sinaikloster als Aufbewahrungsort ihrer Gebeine bekannt. Genauere historische Belege sind für das Leben der Heiligen nicht greifbar, die Passio selbst wurde erst im 14. Jahrhundert um die Conversio erweitert, stellt aber den Ausgangspunkt der überaus reichen Katharinenverehrung dar. Eine solche ist für den Osten seit dem 7. Jahrhundert, für den Westen seit dem 8. Jahrhundert (K. neben dem Thron Mariens, Fresko »S. Ecaterina« im Oratorium nördlich der basilika S. Lorenzo al Verano) bezeugt. Verstärkt wurde die Verehrung durch den Tumuluskult am Sinai, der über die Kreuzfahrer und Pilger vor allem im Westen Verbreitung fand. Konzentrierte sich die erste Verehrung auf Italien (Abbildung in der Januarius-Katakombe in Neapel, neue Fassung der Passio um das 9./10. Jahrhundert), so entwickelte sich der Kult rasch im übrigen Westen. Neben den Benediktinerabteien Montecassino (Kalendarium, 10. Jahrhundert; passionarium, 11. Jahrhundert), St. Gallen (Kalendarium, 11. Jahrhundert) und Trinité-au-Mont (bei Rouen, dorthin Reliquien-Translation 1033/54) entstanden in Deutschland und Frankreich neue Verehrungszentren. Erste deutsche Patrozinien sind nachweisbar 1059 in Werden, 1125 in Zwickau, 1128 in Xanten. Gefördert durch die benediktinischen Kalendarien fand die K.verehrung Eingang in beinahe jedes Kalendarium und Missale. Im Missale Romanum findet sich die Oratio bereits in einem französischen Missale des 12./13. Jahrhunderts (Paris). Seit dem 13. Jahrhundert ist K. nach Maria die meistverehrte weibliche Heilige. Der Gruppe der 14 Nothelfer wird sie seit dem 14. Jahrhundert zugerechnet. Im Barock kam es zu einer Neubelebung des Kultes. K. gilt als Patronin der Mädchen und Jungfrauen, der Schüler, Lehrer, Theologen, Philosophen, Anwälte und der Universitäten - begründet ist die Anrufung durch die legendarische Disputation mit den Philosophen). Zugleich ist K. aber auch die Schutzheilige für alle Berufe, die in irgendeiner Weise mit dem Rad bzw. dem Messer zu tun haben (Martyrium!): Wagner, Töpfer, Müller, Bäcker, Spinner, Seiler, Schiffer, Gerber, Schuster und Barbiere. Sie wird angerufen bei Krankheiten aller Art, besonders Kopf-und Zungenleiden, bei Milchlosigkeit stillender Mütter, bei der Suche nach Ertrukenen, sie ist Patronin der Spitäler und der Feldfrüchte. Wegen ihrer Schönheit wurde sie auch zur Patronin der Pariser Schneiderinnen. Reliquien finden sich u. a. in Rouen, Köln, Grevenrode und Nürnberg. In der christlichen Kunst finden sich folgende Typen bzw. Attribute. Als jungfräuliche Königstochter wird K. meist mit Krone auf den offen getragenen Haaren dargestellt, seltener ist die Darstellung mit dem Haar unter einer Wulsthaube oder mit der Krone in der Hand. Im 8./9. Jahrhundert findet man K. als Märtyrerin zuerst mit einem Handkreuz (so vor allem im Osten), später treten neue Attribute auf: im 12. Jahrhundert die Palme, das Buch als Zeichen der Gelehrsamkeit, seit Mitte des 13. Jahrhunderts ein kleines, ganzes Rad statt Buch, seit Ende des 13. Jahrhunderts das Schwert statt der Palme. In späterer Zeit finden sich Kombinationen dieser Formen. Das Rad wird mitunter als zerbrochen dargestellt, als im Triumph erhoben oder mit den Füßen getreten. Bisweilen findet sich auch der für die Grausamkeiten verantwortliche Kaiser zu ihren Füßen. Selten sind Lilie, Blume, Scheibe mit den Wissenschaften, das abgeschlagene Haupt.

Man kann so weit gehen, zu sagen, daß volkstümliche Heilige an die Stelle der im christlichen Bekenntnis zwar abgelehnten, aber weiterhin heimlich herbeigesehnten alten heidnischen Schutzgeister traten. Bei einem solchen Umgang mit den Heiligen sah die Kirche vor allem zweierlei Gefahren. Die eine lag in einer Bagatellisierung. Was damit gemeint ist, gebe ich hier durch eine mundartliche Redensart über einen Heiligen wieder, der nicht zu den vierzehn Nothelfern gehört - schließlich will ich es mir mit ihnen nicht verderben. Der heilige Antonius von Padua galt als zuverlässiger Finder verlorener oder verlegter Gegenstände. Man hört diese Ansicht bei uns noch heute in folgender Artikulation: 

"Hellije Antonius, flott, minne Mutz es fott!"
Unabhängig davon, wie ernst das gemeint ist: Im Prinzip wird damit der ehrwürdige Heilige zum Hausknecht degradiert.
Eine bei Licht betrachtet noch größere Gefahr sah die Kirche in einer Dämonisierung. Als Beispiel dafür dient mir ein allgemein bekannter Reim über das St.-Florians-Prinzip. Dieser Heilige wird in Hochdeutsch angeredet:
"O lieber heiliger Florian, verschon' mein Haus! Zünd' andere an!"
Es liegt hier die Ansicht zu Grunde, daß der, der vor einem Übel schützen kann, es auch zufügen kann.
Das Reformkonzil von Trient hat vor mehr als 400 Jahren als Maßnahme gegen solcherlei Verirrungen und in einer Antwort auf den zwischen kühler Ablehnung und wildem Bildersturm stehenden Protestantismus empfohlen, die Tagesmesse der Vierzehn zu ignorieren. Als Einzelgestalten blieben die Nothelfer allerdings erhalten, und als Pfarrpatrone findet man heute noch in Mönchengladbach St. Vitus, St. Barbara, St. Margareta und St. Christophorus.
In Hehn läßt die gesamte Anordnung der Figuren der Nothelfer-Gruppe eine fundierte theologische Beratung erkennen. Die Heiligen stehen in stufenförmiger Anordnung zu beiden Seiten des Kreuzes. Jede Gestalt hat damit eine individuelle Position zu Christus. Geht man näher zu den Heiligen, leitet der Weg zu Christus hin. Er überbrückt eine Höhle, in der die Gottesmutter ihren toten Sohn betrauert. Er führt also nachvollziehbar über den Tod hinaus.

 

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