Hehn und seine Vierzehn Nothelfer (3): Vierzehn Heilige

Eine heimatgeschichtliche Plauderei von Helmut Köhnes

Quelle: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des "Rheindahlen Almanach '98"

Leo Eißen, der gegenwärtig amtierende Pastor von Hehn (1998), schätzt, daß es im deutschen Sprachraum zweihundert kirchliche Stätten gibt, an denen die vierzehn Nothelfer besonders verehrt werden. Die meisten befinden sich im südlichen Teil. Nicht weit von Hehn entfernt kommt die Gruppe noch in Neuenhoven im Kreis Neuß vor. 

Sie umfaßt folgende Gestalten:

  • Drei Jungfrauen - Barbara, Margareta und Katharina,
  • drei Bischöfe - Dionysius, Erasmus und Blasius,
  • drei Ritter - Georg, Achatius und Eustachius,
  • einen Arzt - Pantaleon,
  • einen Diakon - Cyriakus,
  • einen Mönch - Aegidius,
  • einen Knaben - Vitus, und schließlich
  • einen Riesen - Christophorus.

In dieser Zusammensetzung - lokale Besonderheiten gibt es hier und da - gilt die Einheit als "Regensburger Normalgruppe". Sie ist dort seit 1408 schriftlich bezeugt. Dreizehn der Vierzehn gelten als Opfer der spätrömischen Christenverfolgung. Davon wiederum stammen acht aus dem östlichen Mittelmeerraum.
Es ist darüber spekuliert worden, daß die Verehrung dieser Gruppe "vom Orient donauaufwärts" gewandert sei, daß kundige Mönche aus seelsorgerischen Gründen sie deswegen "zusammengefaßt" hätten, weil sich alle "Stände" darin wiederfinden konnten, und das sei leicht gewesen, weil das gläubige Volk diese Gestalten schon seit jeher besonders geliebt habe. An all diesen Aussagen ist sicher manches richtig.
Aufschlußreich und folgenreich ist in diesem Zusammenhang besonders die Entwicklung im mainfränkischen Gebiet. Dort wird von einem gewissen Hermann Leicht, dem "Sohn des Klosterschäfers zu Frankenthal" überliefert, daß er eine mehrfache Erscheinung gehabt habe, die jeweils deutlicher wurde. Beim dritten Mal bestand sie aus dem Jesuskind, das von vierzehn anderen Kindergestalten umgeben war. Diese Kinder gaben Hermann zu verstehen, daß sie "die vierzehn heiligen Nothelfer" seien, und sie äußerten sich deutlich: Sie " wollen hier eine Kapelle haben und gnädiglich hier rasten". Außerdem forderten sie eindeutig: "Sei du unser Diener, dann wollen wir hinwiederum deine Diener sein." Man legt diese Erscheinungen in die Jahre 1445 und 1446.

Erasmus
Patron der werdenden Mütter, hilft in Nöten des Leibes gegen Kolik, Krampf und Wehen.

Darstellung:

Dargestellt mit Schiffswinde und/oder Ankertau, mit Stab und Buch 

Kirchenlexikon
ERASMUS, Heiliger, einer der 14 Nothelfer, † angeblich 303. - E. soll, nachdem er im Libanon eine furchtbare Marterung mit brennendem Pech und Schwefel unversehrt überstanden hatte, nach Formiä (Kampanien) gekommen sein, viele Heiden für das Christentum gewonnen und durch sein Gebet rettende Wundertaten bewirkt haben, z. B. gelegentlich eines großen Viehsterbens und bei einem heftigen Gewitter. - E. wird als Heiliger verehrt. Sein Fest ist der 2. Juni. Seine Reliquien befinden sich in Gaeta.

Bemerkenswert ist nun, daß der junge Visionär zwar in Schrecken und Unsicherheit verfällt und sich geistlichen Rat holt. Er fragt aber mit keinem Wort, wer denn die vierzehn Nothelfer überhaupt seien. Das wußte er offenbar von Kindsbeinen an.
Die Erscheinungen bestätigten sich bald durch ein Heilungswunder, und es kam zu Wallfahrten, "ohne Grab und Reliquien", wie verwundert festgestellt wurde. Dreihundert Jahre nach diesem Beginn wurde bei Staffelstein die gewaltige Barockkirche "Vierzehnheiligen" errichtet, bis heute ein Pilgerziel von Rang. 

Aegidius
Der hl. Abt, Patron der Hirten und Händler, schützt gegen Feuersbrunst und innere Krankheiten.

Darstellung:
Einsiedler, teilw. in Höhle, mit Pfeil und Hirsch

Kirchenlexikon
ÄGIDIUS, Heiliger, einer der 14 Nothelfer, † um 720. - Ä. war angeblich eine Zeitlang Einsiedler in der Provence und wurde dann Abt eines von ihm gegründeten Klosters, bei dem die nach ihm genannte Stadt St. Gilles bei Arles entstand. - Da die Urkunde Benedikts II. für sein Kloster vom 26.4. 685 (nach Jaffé 2127) unecht ist, läßt sich nichts Sicheres über Ä. sagen. Seit dem 9. Jahrhundert wird er als Heiliger verehrt und ist Patron der stillenden Mütter, weil in der Einöde ihm eine Hirschkuh Milch gespendet hat, wie die Legende erzählt, die aber auf den Namen des Heiligen (griech. aix = Hirschkuh) zurückgeht. - Fest: 1. September.

 Besondere Aufmerksamkeit findet immer wieder die Zahl 14. Ein mittelalterlicher Erklärungsversuch bezieht sich auf das Neue Testament. Er sagt: Es waren - nach Markus - drei Frauen am Grabe Christi - drei Frauen sind also wichtig. Und was die Männer angeht, so gab es zwar zwölf Apostel, Judas ist jedoch abzuziehen, bleiben elf, macht in der Summe vierzehn. Eine solche Arithmetik überzeugt längst nicht mehr. In dem Bild der "Drei Frauen" allerdings stecken uralte Vorstellungen. Man findet sie als altnordische Schicksalsgottheiten, als griechische mit lebensspendender und lebensbeendender Gewalt, und in unserer Heimat als Matronen. In den Gestalten der altgriechischen Moiren - die dritte, Atropos, schneidet dem Menschen den Lebensfaden ab - ist bereits die Gegebenheit "Zeit" verbildlicht.Auf Zahlen bezogen, heißt das: Die "Drei" ordnet - in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft den gesamten Fluß der Zeit. Die "Vier" dagegen ordnet in den vier Himmelsrichtungen den gesamten Raum. Das gilt gerade dann, wenn der Raum des Menschen als Ebene und nicht als sphärischer Weltraum gesehen wird. Die Zusammenfassung dieser beiden Systeme ergibt in schlichter Addition die "Sieben".

Eustachius
Patron der Hoffnungslosen, weiß Auswege in allen Engpässen des Lebens, besonders in Familienkonflikten.

Darstellung:
Jäger mit Jagdhorn, dazu Hirsch mit Kreuz zwischen den Geweihstangen

Kirchenlexikon
EUSTACHIUS, Heiliger, einer der 14 Nothelfer. -Die Legende erzählt: Placidus war ein römischer Offizier. Auf einer Jagd erschien ihm zwischen dem Geweih eines verfolgten Hirsches ein Kreuz, und Christus rief ihm gleichzeitig zu: »Placidus, warum jagst du auf mich? Glaube an mich, der ich Christus bin und lange nach dir gejagt habe, gehe zum Bischof der Christen und laß dich taufen.« Placidus ließ sich mit seiner Gemahlin Trajana (später: Theopista) und seinen Söhnen Agapius und Theopistus taufen und nahm den Namen E. an. Er verarmte und wanderte nach Ägypten. Dort wurde E. von seiner Frau und seinen Söhnen gewaltsam getrennt, fand sie aber später unerwartet wieder. Mit seiner Frau und seinen Söhnen erlitt er in Rom unter dem Kaiser Hadrian (117-38) den Märtyrertod. Nachdem man sie im Amphitheater vergebens den Löwen vorgeworfen hatte, wurden sie in einem Ofen verbrannt. - E. ist wie Hubertus Patron der Jäger. Sein Fest ist der 20. September.

 Die Sieben ordnet demgemäß das Universum. Am Himmel konnte man ja selbst sehen, was gottgewollte Ordnung ist. Ein Mondviertel "dauert" sieben Tage - Abrundungen sind hier erlaubt. Eine Mondphase ist eine auffallende Himmelserscheinung. Sie beeinflußt außer Ebbe und Flut auch andere biologisch wichtige Rhythmen auf dieser Erde. Die Sieben ist immer eine Ordnungsmacht. Sieben Tage umfaßt auch Gottes Schöpfungswerk. Darin wird die Schöpfung vollendet.
Kein Wunder, daß diese mächtige Siebenzahl in den verschiedensten Zusammenhängen erscheint: Sie ist "gute" Sieben - im "siebten" Himmel, "böse" Sieben - heute nur noch im unernsten Spiel; es gibt sieben Zwerge, sieben Raben und sieben Schwaben, und die Christenlehre spricht von den sieben Schmerzen Mariens und den sieben Gaben des Heiligen Geistes. Und jetzt wieder Mathematik: Die "Vierzehn" ist die Verdoppelung dieser gewaltigen Sieben. Sie ist damit schlechthin eine unübertreffliche Größe.

Pantaleon

Der kaiserliche Leibarzt, ist Patron der Ärzte und bewahrt die stillenden Mütter vor Krankheit und Auszehrung.

Darstellung:
langer Mantel, gefesselt, evtl. Hände an den eigenen Kopf genagelt

Kirchenlexikon
PANTALEON, + um 305 in der Diokletianischen Christenverfolgung; des Martyriums dieses als Heiliger verehrten Leibarztes Kaiser Maximians wird im Heiligenkalender am 27. Juli gedacht, auch wegen seines Einsatzes für die Armen und Notleidenden. Vom frühen Mittelalter an zählte man ihn zu den »14 Nothelfern«, jenen »Heiligen«, die - wenn man sie in Not anruft - sich bei Gott für die Betenden einsetzen. So sagt man es in der christlichen Volksfrömmigkeit der West- und Ostkirchen bis heute. Auch Martin Luther berief sich auf sie (in: »Tesseradecas Consolatoria Pro Laborantibus Et Oneratis« von 1520). In Rom ist bereits für das Jahr 708 eine solche Pantaleon-Verehrung bezeugt. Allein in Rom gibt es vier dem Pantaleon geweihte Kirchen; Pantaleon-Reliquien wurden und werden in Konstantinopel, Bari, Neapel, Ravelle, Rom, Venedig, Lyon und Köln verehrt. - Pantaleon gilt als Schutzpatron der Ärzte, Hebammen und Krankenpflegenden. Die auf ihn bezogene Volksfrömmigkeit wird z.B. im mittelalterlichen Köln bezeugt; im Siegel der dortigen medizinischen Fakultät aus dem 14. Jahrhundert wird Pantaleon dargestellt; das amtliche Siegel der heutigen medizinischen Fakultät in Köln zeigt ihn als Arzt mit Märtyrerpalme und Salbenbüchse in Händen. Ein Kranz von Legenden umgibt das Bild eines Mannes, dessen Biographie historisch kaum faßbar ist, aber für »Fromme« im »christlichen Abendlande« bis heute viel bedeutet.

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