125 Jahre Pfarre Hehn - Gründung

Hehn gehörte seit dem Mittelalter bis zur Franzosenzeit zur Pfarre Gladbach.
Dann wurden die Gladbacher Pfarrgrenzen neu gezogen. Neuwerk erhielt eine eigene Pfarre und Hehn kam 1806 zusammen mit Vorst, Ohler und Winkeln zur Pfarre Hardt, was bei den Betroffenen heftigen Protest auslöste. Sie schrieben deshalb an den seit 1802 in Aachen residierenden Bischof Marc Antoine Berdolet (1740-1809) und beklagten sich bitter. Sie seien von ihrem Hirten, der doch versprochen habe, "sein Leben vor seine Schafe zu setzen", verlassen.

 

Mit "kindlichem Zutrauen" wenden sie sich an ihren Bischof und tragen ihre Bitte vor. Worauf die Bittsteller hinauswollen, bleibt nicht lange unklar. Sie seien von Kindheit her gewohnt gewesen, "zu Gladbach Gott anzubeten", schreiben sie, und sie hätten sich "eifervollen Männern anvertraut", denen der Weg bis zu ihnen in den Außenbezirken der Gladbacher Pfarre nie zu weit gewesen sei. Selbst bei schlechtem Wetter seien die Geistlichen aus Gladbach bereit gewesen, ihre Pfarrkinder "in Gefahr und Krankheiten zu besuchen und mit den Sacramenten der Sterbenden zu versehen".
Jetzt sollten sie sich einem unbekannten Pfarrer anvertrauen, der, was sie verschweigen, bei den Hardtern wenig beliebt war. Sie fühlten sich, bemerken sie weiter, immer noch nach Gladbach hingezogen, besonders zur Abteikirche, die Berdolet ja selbst besucht und nicht "genug bewundern konnte".

Noch andere Gründe nennen sie: Sie wollten doch wie ihre Väter auf dem Gladbacher Friedhof bestattet werden. Außerdem sei nach ihrer Ansicht die Kirche in Hardt zu klein und sogar baufällig. Sie schließen mit der etwas aufdringlichen Bitte, der Bischof solle dem Überbringer des Schreibens sofort eine schriftliche Antwort mitgeben, damit der weite Weg und die damit verbundenen Unkosten nicht umsonst gewesen seien. Den Protestierenden war, was niemand zu verwundern braucht, kein unmittelbarer Erfolg beschert. Aber immerhin schafften es die Hehner, die zur Mairie Obergeburth (= spätere Landgemeinde Gladbach) gehörten, noch vor Ende der Franzosenzeit, nämlich im Jahre 1809, wieder zur Gladbacher Pfarre zurückzukehren. Ihr kraftvoller Behauptungswille, den man in der Folgezeit noch öfters spüren sollte, hatte gesiegt.

Bis 1825 blieb alles wie gewohnt. Doch dann melden am 16. September des Jahres die Meistbeerbten, die in Hehn zu jener Zeit mit den acht größeren Bauern gleichzusetzen sind, von denen übrigens einer noch mit einem Kreuzchen zeichnet, bei dem Gladbacher Oberpfarrer Albert Bischoff (1789-1846) die Forderung nach einem "Katechesierhaus", d.h. nach einem Gebäude für den Religionsunterricht an. Wegen der weiten Wege der Hehner und ihrer Nachbarn zu den Pfarrkirchen in Gladbach und Rheindahlen sei es nach Meinung der Unterzeichner besonders im Winter kaum möglich, außer der Messe am Sonntagvormittag "auch nachmittags einen öffentlichen Gottesdienst mit katechetischem Unterricht zu besuchen". Zwar seien gelegentlich Geistliche "gegen Zahlung bei schicklicher Witterung" nach Hehn gekommen, "um ... in der Religion zu unterrichten". Aber dies habe unter freiem Himmel stattgefunden.

Doch die Hehner wollten mehr als ein "Katechesierhaus". Das Gebäude könne auch in der Fastenzeit als "öffentliches Bethaus dienen", hieß es. Außerdem gäbe es schon "seit undenklichen Zeiten" die Pilgerfahrt zum Hehner "Muttergotteshäuschen", der "heilige Pesch" genannt. In dem geplanten Gebäude wären die Pilger, die aus der "ganzen Umgegend von ein paar Meilen" kämen, besser untergebracht als unter der "Belaubung der umstehenden Buchen". Sie könnten außerdem zum Unterhalt des Gebäudes durch ihr Opfer beitragen. Schließlich sei zu überlegen, ob man daraus nicht eine "öffentliche Kapelle mit Seelsorgerstelle" für 1000 Seelen machen solle. Hehn zähle 450 Seelen und habe eine Stunde bis nach Gladbach. Beltinghoven habe 150 Seelen und brauche 40 Minuten bis dorthin. Die zur Pfarre Rheindahlen (damals Dahlen) gehörenden Ortschaften Wolfsittard und Heerdt kämen auf 250 und 125 Pfarreingesessene, die müßten 45 Minuten bis zur Pfarrkirche gehen. Die Gläubigen dieser Ortschaften könnten aber zur geplanten Hehner Kirche in wesentlich kürzerer Zeit kommen. Zuguterletzt versuchen die Hehner ihren Vorschlag noch durch einige Angebote überzeugender zu machen. Sie verweisen auf 2600 Taler, die sie für das Projekt bereitstellen wollen und verpflichten sich, "alle Hand- und Spanndienste" zu leisten, die der Bau erforderlich mache, Diesem Schreiben ist wahrscheinlich schon einige Wochen vorher ein Gespräch mit dem Gladbacher Pfarrer vorausgegangen. Denn am 1. September d.J. hatte Oberpfarrer Bischoff bereits an den Erzbischof in Köln, zu dessen Bistum Gladbach seit 1827 wieder gehörte, berichtet, er halte die Errichtung einer Kirche in Hehn für sehr bedenklich wegen des sogenannten "heiligen Pesch". Das sein "ein kleiner Buchenhain, worin neben einem wasserreichen Graben seit 60 Jahren ein hölzernes Kapellchen etwa 50 Quadratschuhe (= ca. 15 qm) großräumig" stehe. Dahin pilgere die nähere Umgebung. "Von geheilten Wunden sah ich die Verbänder (!) darin hängen", fährt er fort, und das Wasser aus dem Graben nehme man "gegen allerlei Gebrechen".

Bischoff, der hier das bisher unbekannte B aujahr des damaligen Kapellchens verrät (1765), gehörte zu jener Generation von Seelsorgern, "an denen die Aufklärung und die rationalistischen Zeitströmungen nicht spurlos vorübergegangen waren". (Klinkenberg). Der Bonner Kirchenhistoriker H. Schroers hat die damaligen Reformer als jungkirchliche Richtung bezeichnet. Ihnen waren Wallfahrten zuwider, und manche religiösen Bräuche hielten sie für abergläubisch. So kann man Bischoffs Ausspruch verstehen, wenn er in Bezug auf die Hehner Wallfahrt unerbittlich feststellt: "Dieses Unkraut läßt sich ohne Nachtheil des Waitzen fast nicht j jäten. " Er gibt zwar zu, daß es in dem entfernt gelegenen Hehn an Religionsunterricht mangele. Dies möge wohl "auch die vielen Zwiste wegen Hexereyen verursacht haben." Daher rühre auch "ihr roher Dünkel für die Heiligkeit eines Ortes, den sie heiligen Pesch nennen", ja, in Hehn könnten sogar "Scheinwunder" geschehen, Gegen ein "Katechesierhaus" habe er freilich nichts einzuwenden, es dürfe jedoch nicht im "heiligen Pesch" errichtet werden, weil dies dann "zur Bequemlichkeit der Pilger" diene, deren Wallfahrt er doch am liebsten abgeschafft hätte. Erzbischof Ferdinand August von Spiegel (1764-1835) antwortet dem Gladbacher Oberpfarrer am 2 3. September 1825. Er habe gegen ein "Katechesierhaus" ebenfalls nichts einzuwenden, da er "jedes Vorhaben und Unternehmen zur Verbreitung der katholischen Christenlehre und Vermehrung der kirchlich vorgeschriebenen Religionsübung und des Gottesdienstes gerne unterstütze". Doch brauche man dafür kein eigenes Gebäude, sondern solle das Schulhaus nehmen. Ein Ausbau des Muttergotteshäuschens käme nicht in Frage. Die Hehner sollten Gott "in tiefester Dernuth in der Pfarrkirche" anbeten. Der Pfarrer müsse sie gehörig belehren, "damit niemand ... sich im Glauben verirre und wider das Geboth - Du sollst keine Götter neben mir haben - sich versündige und nach einem durch zufälligen frommen Sinn eines guten Christen erbauten kleinen Muttergotteshäuschen hinlaufe, als sey daselbst sein Gebeth dem lieben Gott angenehmer und für ihn Bethenden wirksamer, um in Nöthen erhöret zu werden." Ob "die,von den Meistbeerbten ... bezeichnete Gegend die Erbauung einer Filialkirche anräthlich mache", wolle er bei seiner Visitation der Erzdiözese überprüfen. Sei der Bau erforderlich, werde er den Platz bestimmen, "an welchem die Kirche erbaut werden soll" und selbst "den ersten Stein dazu in kirchlicher Feyer legen". Bemerkenswert, daß der Oberbitte sich nicht generell gegen die Wallfahrten nach Hehn ausspricht, aber auch Bischoff nicht bremst. Am 1. Dezember d.J. wendet sich der Gladbacher Oberpfarrer erneut an den Erzbischof und berichtet, wie erfreut die Hehner seien, daß ihr Oberhirte "auch ihren geringen Ort bei der ... Visitation ... besuchen" und sogar den ersten Stein für die Filialkirche legen wolle.

Bischoff fährt fort, er habe die Hehner auf "die väterlichen Bedenklichkeiten seiner Erzbischöffichen Gnaden, daß durch Ausbauung des Muttergotteshäuschens zu einem Katechesierhause bald eine Trennung in der Pfarre entstehen könne", aufmerksam gemacht. Dies hätten sie "kindlich" angenommen. Die Folgen hätten sie nicht bedacht. Außerdem habe er ihnen versichert, er werde die sonntägliche Katechese für die "Aspiranten zur ersten h. Kommunion" unmittelbar nach der letzten Messe noch vor 12 Uhr in der Gladbacher Kirche halten. Dadurch werde bald das "projectierte Katechesierhaus" vergessen sein. Zugleich habe er auf "etliche mögliche Verbesserung des Schulhauses" aufmerksam gemacht und schließlich vorgeschlagen, man solle "ein gemeinsames und geräumiges Schulhaus" für Hehn und Holt errichten. Das sei dringlicher als die Erbauung einer Kirche. Schließlich habe er die Hehner unterrichtet, daß "die alleinige Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit vorzugsweise an kirchlich geweihten Stätten zu entrichten" sei. Nicht ohne Schmunzeln liest man dann die Schlußbemerkung des Oberpfarrers, den der Gladbacher Landdechant Winzen aus Neersen wohl nicht zu Unrecht für ein wenig "anmaßend" hielt: "Die guten Leute nehmen alles in edeler Einfalt wie aus dem Munde ihres obersten Hirten an und konnten bei meinem Weggehen nur danken und sagen, so haben wir die Hoffnung, einstens einen Erzbischof von Köln als geistlichen Vater bei uns zu sehen, die sonst kein Prälat von Gladbach (d.h. kein Abt, da die Abtei aufgelöst war) mit seiner Gegenwart trösten kann."

Der Erzbischof war über den Bericht des Oberpfarrers hoch erfreut. "Ich bezeuge Ihnen meine volle Zufriedenheit", ließ er ihn am 10. Dezember 1825 wissen. Doch so "einfältig" waren die Hehner gar nicht.

Sie ließen nicht locker. Am 12. Mai 1828 stellte Bischoff, obgleich er selbst der Sache sehr distanziert gegenüber stand, erneut ein Gesuch an den Kölner Oberhirten, er möge in Hehn eine Filialkirche errichten lassen. Doch solle man sie möglichst nicht an der Stelle bauen, wo das Kapellchen stehe. Sie werde dann unweigerlich Wallfahrtskirche. Auch möge man kein Marienpatrozinium für die neue Kirche wählen, da dies an die Wallfahrt erinnere. Bischoff schwebte stattdessen vor, das Gotteshaus dem Heiligen Geist und den Nebenpatronen Barnabas und Ferdinand zu weihen. Die Nennung des Bekenners Ferdinand war wohl als Verbeugung vor dem Erzbischof, der Ferdinand August hieß, zu verstehen.

Aus einem Schreiben des Erzbischofs vorn 29. Juni d.J. geht dann unmißverständlich hervor, daß er nach einer Besichtigung Hehns im Sommer 1827 von der Dringlichkeit der Errichtung einer Filialkirche in dieser Ortschaft für Hehn, Wolfsittard und Heerdt überzeugt war. Überdies hätten die Hehner ja schon 1600 Taler für den Kirchenbau gesammelt. Zwei Tage zuvor hatte Spiegel bereits der Regierung in Düsseldorf mitgeteilt, wegen der weiten Wege sei die Erbauung einer Filialkirche ür die Gemeinde "Hain bei Mönchen-Gladbach" notwendig. Wenig begeistert war der Rheindahlener Oberpfarrer A. Pütz, der am 8. Juli d.J. sich gegen die Abtrennung von Wolfsittard und Heerdt aussprach. Seine Pfarre sei deckungsgleich mit dem ehemaligen jülichschen Amt Dahlen und solle fernerhin "unzerstückelt bleiben". Außerdem sei Wolfsittard der "Wohnsitz der Armen von Dahlen", und in Heerdt gäbe es nur einen Bewohner ohne Schulden. Die Bewohner dieser Ortschaften wären also nur eine Belastung für die neue Filiale. Dem konnte man entgegnen, dann solle er doch froh sein, diese Bedürftigen zu verlieren. Es kam noch ärger. Die Bewohner von Hehn wichen nach seiner Überzeugung "in Sprache, Sitten und Handlungsart" von denen aus Wolfsittard und Heerdt ab; eher überzeugt schon der Vorschlag, Hehnerholt zur Filialpfarre hinzuzunehmen. Es stimmt auch, daß die Wegeverbindungen von Wolfsittard und Heerdt nach Hehn damals nicht günstig waren. Ferner spricht einiges dafür, daß die Bewohner der beiden Ortschaften gar nicht ausgepfarrt werden wollten. Das meinte auch Landdechant Winzen. 

Dieses Schreiben blieb beim Erzbischof nicht ohne Wirkung. In einem Schreiben vom 12. Juli 1828 an die Regierung in Düsseldorf berichtet er, Pütz halte eine "Vereinigung" von Wolfsittard und Heerdt mit Hehn für unmöglich wegen der gegenseitigen Abneigung. So bleibe für die neue Filiale nur Hehn übrig. Damit war aber die Regierung nicht einverstanden und schlug am 3. November d.J. vor, die Hehner sollten nach Hardt eingepfarrt werden, was dem Erzbischof nicht gefiel. Andererseits sah er ein. daß der Ertrag der Kollekten für die neue Kirche in Hehn "gegenwärtig nicht ergiebig ausfallen" könne. So schreibt er am 6. Dezember d.J. an Oberpfarrer Bischoff: Wenn auch die Regierung dem Projekt gegenüber nicht "abgeneigt" sei, blieben die gegenwärtigen Schwierigkeiten zu groß. "Daher theile ich", schließt er, "mit der Königlichen Regierung die Ansicht, daß diese Angelegenheit noch eine geraume Zeit auf sich beruhen müsse . . ." Mit gleichem Datum hatte er auch der Regierung in Düsseldorf mitgeteilt, es sei bei der derzeitigen Sachlage das Beste, "in den gegenwärtigen Pfarrverhältnissen der betheiligten Ortschaften keine Anordnung vorzunehmen".

Fast genau 25 Jahre vergingen, ehe das Projekt erneut aufgegriffen wurde. Der tatkräftige und geschickte Gladbacher Oberpfarrer Alexander Halm (1813-1881), der 1846 nach Gladbach berufen worden war, hatte keine Vorbehalte gegen die Hehner Pläne und empfand auch keinen Widerwillen, daß die Hehner Kapelle von "frommen Betern" besucht wurde. Am 9. August 1851 berichtete er an den Generalvikar in Köln, in Hehn habe man ohne sein Wissen mit dem Bau einer Kirche begonnen. Als er nach Bauplänen gefragt habe, sei ihm geantwortet worden, "sie hätten einen eigentlichen Plan nicht, viel weniger einen Kostenvor anschlag". Die "guten Leute" hätten aber "ein paar von Zimmermeistern und Schreinern entworfene Zeichnungen gezeigt und versichert, sie hätten sich die Kirchen von Wildenrath (jetzt Kreis Heinsberg) und Lüttelforst (jetzt Kreis Viersen) angesehen", und danach wollten sie bauen. Da Halm wußte, daß der bekannte Kölner Architekt Vincenz Statz (1819-1898), den er sehr schätzte, gerade in Hardt weilte, wo er Pläne für eine neue Kirche unterbreitete, bat der Oberpfarrer ihn, sich Hehn anzusehen und dort ebenfalls die Planung zu übernehmen. Die Hehner waren geradezu in einem Baufieber, so daß Halm, ohne eine Genehmigung aus Köln abzuwarten, am 5. Juli 1851 den Grundstein legen mußte, um die Leute nicht zu enttäuschen. Da er aber beim Erzbischof Johannes von Geissel (1796-1864) und dem Generalvikar Weiltbischof Johannes Baudri (1804-1893) wohl gelitten war, nahmen ihm seine beiden Vorgesetzten diese Eigenmächtigkeit nicht weiter übel.

Vincenz Statz legte sofort am 5. August 1851 einen Kostenvoranschlag (ohne Putz- und Anstreicherarbeiten) vor, dersich auf 2622 Taler, 8 Silbergroschen und 8 Pfennige belief. Diese preisgünstige Berechnung ging davon aus, daß die Hehner 75.000 Ziegel, sämtliches Holz und sämtlichen Sand bereitstellen wollten und außerdem schon ein Fundament ausgehoben hatten. Statz erwartete von den Hehnern, daß sie auch weiterhin" mit kräftiger Hand Hülfe ... leisten" würden, Es gelte auch bei der kleinen Kapelle, wie er den Bau nannte, der Grundsatz "Eintracht und Ausdauer". Er wußte, wovon er sprach. Wenig später, am 20. August d.J., bedauert er Dechant Halm, daß ihm die Hehner soviel zu schaffen machten. Er selbst sei mit der Bauausführung gar nicht zufrieden. Alles sei so "liederlich" gemacht, daßer vorschlägt, einen Kommunalbaumeister mit der B auaufsicht zu betrauen. Sollte nicht besser gearbeitet werden, so müsse er Meldung an die Regierung in Düsseldorf machen, und das würde "den Leuten und dem Unternehmer von Schaden sein-. Wenn es so weiterginge, fürchte er, die Kirche könne später einstürzen. Halm ist alarmiert und schlägt dem Gladbacher Baumeister Klein vor, die Leitung des Kirchenbaus zu übernehmen, Der spart seinerseits nicht mit Kritik an Statz, die der Architekt mit leichtem Spott zurückweist. Daß jetzt sorgfältiger gebaut wurde, ist anzunehmen. Am 12. Oktober 1852 schreibt Statz nämlich an Dechant Halm: "Es freut mich sehr, daß es mit der Kirche zu Hehne(!) gut geht. Die guten alten Leute werden Freude haben. Der Himmel wird diese belohnen." Wenig später, am 6. Dezember, erfahren wir, daß Statz, der im Augenblick keine weiteren Bauaufträge überwachte, bereits den Hauptaltar für Hehn entworfen hatte.

Am 6. April 1853 konnte Dechant Halm dem Generalvikariat voll Freude mitteilen, daß die "nach dem Plane des Architecten Statz zu Köln erbaute recht schöne gothische Kirche . . ." vor der Vollendung stehe. Es fehle noch das Gewölbe, das"ein tüchtiger Maurer aus Vallendar "im Augenblick fertige. Am Feste Mariä Heimsuchung, d.h. am 2. Juli, dem zukünftigen Patrozinium, sei die Arbeit abgeschlossen. Halm versäumt nicht, einen Ablaß für das Fest Mariä Heimsuchung und die nachfolgende Oktav zu erbitten, da zu dieser Zeit "das kleine Bethäuschen am Heiligenpesch' . , . besonders zahlreich besucht" werde. Nichts mehr von einem Heiliggeistpatroninium, nichts mehr von dem Unkraut, das man jäten müsse. Der Dechant will es sich auch nicht nehmen lassen, die Kirche zu "benediciren" und dort die erste Messe zu feiern. Für die vom Generalvikar verlangten Paramente und kirchlichen Geräte sei ebenfalls gesorgt. Eine Monstranz und ein Ziborium stammten von dem renommierten Silberschmied Werner Hermeling aus Köln. Am Fest Mariä Heimsuchung 1853 konnte dann die Kirche ihrer Bestimmung übergeben werden. Wie die Endabrechnung ergibt, hatte sie, einschließlich Pfarrhaus 5185 Taler 8 Silbergroschen und 10 Pfennige gekostet. Damit war der ursprüngliche Kostenrahmen überschritten worden. Doch muß man bedenken, daß in dieser Summe die Kosten für den Altar und die Kommunionbank, die Statz nach seinen Plänen hatte fertigen lassen, die Baukosten für die Errichtung des Pfarrhauses und wahrscheinlich die Putz- und Malerarbeiten enthalten sind, wofür man etwa 1000 Taler rechnen muß. Durch Spenden und verschiedene Kollekten, davon je eine im Kreis Gladbach und Kreis Erkelenz, waren 1856 Taler, also fast die Hälfte von der Bausumme bezahlt. Um sich eine Vorstellung zu machen, um welche Summen es sich handelte, sei erwähnt, daß ein Weber damals etwa 160 Taler im Jahr verdiente.

Mit der Einweihung der neuen Kirche am 2. Juli 1853, die nach Aussage von Halm "ein Festtag für die ganze Gegend" gewesen ist, blieb zunächst noch ungeklärt ob die Hehner und die Wolfsittarder - von den Heerdtern ist in den 50er Jahren keine Rede mehr -, die gemeinsam größte Opfer für den Bau gebracht hatten, auch eine eigene Pfarrei erhielten. Jeden Dienstag kam zwar ein Geistlicher aus Gladbach und jeden Freitag einer aus Hardt oder Rheindahlen, um dort eine Messe zu lesen. Aber das war nach Ansicht der Bewohner nicht genug. Dechant Halm trug am 24. Oktober d.J. die Bitte der Hehner und Wolfsittarder, insgesamt 810 Katholiken, nach einem eigenen Geistlichen dem Generalvikar vor, der nicht lange zögerte und am 29. des Monats Heinrich Benedikt Berchem, damals Rektor in Spiel (ehemals Krs. Jülich) zum Rektor in Hehn ernannte. Er stammte aus Essen, wo er am 17. August 1822 geboren worden war. Nach seinem Studium an den Universitäten München und Bonn wurde er am 3. September 1848 geweiht. Als er nach Hehn kam, war er ein junger Mann von 31 Jahren. Eine schwierige Aufgabe wartete auf ihn, denn der "innigste Wunsch" der Hehner blieb eine eigene Pfarre. Das berichtete auch der Gladbacher Landrat der Regierung in Düsseldorf am 3. November d.J. Er machte damals keinen Hehl daraus, daß das die beste Lösung sei. Denn den Pfarren Gladbach mit 11.000 und Rheindahlen mit 5.000 Eingepfarrten werde ja wahrlich durch das Ausscheiden von etwa 800 Katholiken insgesamt kein Schaden entstehen. Problematisch war freilich die Besoldung des Geistlichen. Der Erzbischof werde, so meinte der Landrat, nur einer Auspfarrung zustimmen, wenn ein Staatszuschuß zugesichert sei. Sonstige Schwierigkeiten gab es nicht, Weder die betroffenen beiden Pfarren noch die späteren Zivilgemeinden M.Gladbach-Land und Hardt, zu denen seit 1836 der Teil Heckenend von Hehn gehörte, sowie Rheindahlen hatten etwas Grundsätzliches gegen die geplante Auspfarrung einzuwenden. Am 31. Oktober 1853 richteten die Pfarrer und Bürgermeister sogar gemeinsam ein Schreiben an den Landrat, er möge sich beim Oberpräsidenten und bei der Regierung in Düsseldorf für den Wunsch der Hehner einsetzen, was dieser auch tat. Doch der "Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten" zeigte sich zugeknöpft und teilte am 21. Oktober 1856 dem Oberpräsidenten in Koblenz mit, daß "aus den mitgeteilten Umständen eine genügende Veranlassung zur Bewilligung eines Staatszuschusses für die neu zu gründende Pfarrstelle nicht entnommen werden" könne. Erst als der in Berlin sehr angesehene Viersener Industrielle, der Geheime Kommerzienrat Friedrich Diergardt (1795-1869), der auch Landtagsabgeordneter war, sich persönlich am 12. März 1857 auf Anregung des Oberregierungsrates Aulike, zuständig für katholische Kirchenangelegenheiten, an den Kirchenminister wendet, bekommt der Fall ein anderes Gewicht. Diergardt überreicht ihm am 6. März ein sicher unter Hilfe von Rektor Berchem abgefaßtes Gesuch der Hehner und Wolfsittarder und erinnert daran, daß in den letzten Jahren in seiner Gegend den Predigern der neuen evangelischen Pfarren in Uerdingen, Kempen und Dülken ein Staatsgehalt bewilligt worden sei. Er fährt fort: "So wird jeder evangelische Bewohner jener Gegend mit mir wünschen (Diergardt war Sohn eines evangelischen Pfarrers), daß es Euer Exzellenz gefallen möge, besagter armen katholischen Gemeinde eine ähnliche Begünstigung zu Theil werden zu lassen, indem dieses auf alle Klassen der Bevölkerung einen günstigen Eindruck machen würde." Die Bewilligung würde dem religiösen Frieden dienen, d.h. Diergardt tritt hier für eine Gleichbehandlung der Bekenntnisse ein. Besonders bemerkenswert ist sein letztes Argument: "Von dem conservativen Standpunkte aus", schreibt er, "kann man nur wünschen, daß das religiöse Gefühl, welches sich in den letzten Jahren ... in meiner Gegend so bedeutend gehoben hat, immer mehr erstarke, und daß die große Opferbereitwilligkeit selbst der nichtbesitzenden Arbeiterklasse für die nothwendige Vermehrung der Kirchen von der Hohen Staats-Regierung durch namhafte Unterstützungen gefördert werde." Dies heißt zugespitzt, der Staat solle den Kirchen helfen, weil sie die politischen Verhältnisse stabilisierten. Diergardt ließ es nicht bei diesem Schreiben bewenden, sondern führte ferner ein Gespräch mit dem Finanzminister von Bodelschwingh und bat, das Gesuch zu berücksichtigen, obgleich der Augenblick nach seiner Meinung nicht günstig war, da die Ausgaben des Staates stiegen. Aber die Hehner hatten schon recht, wenn sich Diergardt einer Sache annahm, "dann ging sie durch".

Auch der Kölner Erzbischof von Geissel war nicht untätig geblieben. Am 20. Mai 1856 hatte er auf die schwierige seelsorgerische Versorgung der Dorfschaften hingewiesen. Überdies mache die Zunahme der Bevölkerung "in der industriereichen Gegend" Probleme. Die Hauptpfarre sei um 684 Seelen gewachsen. Bemerkenswert sind die Einzelheiten über die finanzielle Situation der Hehner Filiale. Es sei ein Kapitalfonds von 4800 Talern "zur Dotation der Kirchenfabrik" vorhanden. Daraus könne der Pfarrer nicht bezahlt werden. Man möge ihm ein Staatsgehalt bewilligen. Am 28. Juni 1858 teilt die Königliche Regierung, Abteilung Inneres, dem Kölner Erzbischof mit, "daß des Königs Majestät durch Allerhöchste Order vom 20. März zur Errichtung eines neuen Pfarrsystems für die Ortschaften Hehn und Wolfsittard im Kreise Gladbach ... die landesherrliche Ermächtigung ertheilt und gleichzeitig genehmigt haben, daß für das neue Pfarrsystem vom 1. Januar 1859 ab zunächst auf die Dauer von zehn Jahren ein Pfarrbesoldungs-Zuschuß von Einhundert und zwanzig Thalern jährlich ... gewährt" sei. Am 8. September d.J. erfolgte die Erhebung der Kirche zur Pfarrkirche. In der darüber ausgestellten Urkunde werden noch einmal die Gründe für die Auspfarrung von Hehn und Wolfsittard genannt_ Durch die industriellen Anlagen", so heißt es da "wie sie in größerer Zahl im Kreise Gladbach entstanden sind, wurden im Laufe der verflossenen Jahren (!) manche Gläubigen aus fernen Gegenden herbeigezogen; und indem mit der Vermehrung der Bevölkerung daselbstsich auch das Bedürfniß einer vermehrten Seelsorge geltend machte, welches jedoch wegen Mangels an Kräften und Mitteln nicht in demselben Maße befriedigt werden konnte, war es sehr zu beklagen, daß die seelsorglichen Kräfte den A Anforderungen der Gläubigen, besonders der von der Pfarrkirche entfernter wohnenden, nicht immer gewachsen waren." So hätten die Hehner schon vor 30 Jahren eine eigene Pfarre verlangt, deren Errichtung "am Mangel der nötigen Mittel scheiterte". Die Mildtätigkeit der Gläubigen habe es aber ermöglicht, dort "wo noch vor 8 Jahren ein bescheidenes Kapellchen zur Ehren der allerseligsten Gottesmutter stand, nunmehr eine größere Kirche" zu errichten, außerdem stehe "ein passendes Haus nebst Garten" für den Pastor zur Verfügung und "ein angemessener Gottesacker". Er war 1857 eingerichtet worden. Aber nicht nur dies habe "der Opfersinn der dortigen Bewohner" zustande gebracht, sondern dazu noch einen Jonds zum Unterhalt des anzustellenden Pfarrers . . .... Da dieser Fonds aber nicht gereicht habe, sei nun am 20. März d.J. die "Hohe Königliche Regierung" bereit, eine Beihilfe zu zahlen. Es folgt die eigentliche Pfarrerhebung, die in einzelne Punkte unterteilt ist;

" 1. Die Kapelle zu Hehn ist aus ihrem Verhältnisse zur bisherigen Mutterkirche zu M. Gladbach ganz ausgeschieden;

2. die Gemeinden zu Hehn und Wolfsittard sind im Umfang ihrer Flurgrenzen aus dem Pfarrverband mit den Pfarrkirchen zu M.Gladbach resp. Dahlen gelöst.

3. Wir erheben vorgedachte Kapelle zu einer Succursal-Pfarrkirche (= Kirche 2. Ordnung) unter dem Titel, Visitationis B. Mariae V.' . . . und weisen ihr als Pfarrsprengel die Gemeinden Hehn und Wolfsittard ... zu.

4. Wir setzen für den angestellten Pfarrer als lastenfreies Einkommen die Erträge des angesammelten Pfarrfonds nebst dem vom Staate ... bewilligten jährlichen Zuschusses von 120 Thalern fest und bestimmen die seitherige Rectorswohnung nebst Appertinentien (also nebst Garten) zur Amtswohnung für den Pfarrer.

5. Wir verordnen endlich, daß das der bisherigen Kapelle zugehörige Vermögen dem Kirchenvorstande zur Verwaltung übergeben werde. . . "

Am 26. Oktober d.J. erfolgte die Einführung von Pfarrer Berchem. Wenig darauf, am 11. November, wählte die Pfarre ihren ersten Kirchenvorstand, der aus den Herren Pauen, Vorsitzender, Rütten, Sekretär, Meurer, Rendant, Bohnen und Kroppen bestand. Es verging mehr als ein Jahr, ehe am 26. Juni 1860 Weihbischof Baudri von Köln nach Hehn kam, um die Kirche zu konsekrieren. Dabei ließ er Reliquien der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen in den Hauptaltar ein. Die neue Pfarre hatte eine nicht unerhebliche Schuldenlast abzutragen. Im Dezember 1862 belief sie sich auf fast 3.000 Taler, verursacht durch den Bau der Kirche und des Pfarrhauses, Erwerb des Friedhofes und Beschaffung einer Orgel. Es blieb deshalb nichts anderes übrig, als ab 1867 auf die direkten Steuern eine Kirchensteuerumlage von 30% zu berechnen. Die Zivilgemeinden mußten für Hehn bürgen! Vier Hehner beklagten sich deshalb beim Regierungspräsidenten. Doch galt der Anstifter als "ein frecher, höchstböswilliger Mensch"- Die Regierung unternahm nichts. Auch nicht als am 8. März 1869 einhundertsechs Pfarreingesessene gegen die Errichtung eines Klosters der Armen Dienstmägde Jesu Christi protestierten. Die Gemeinde habe noch 2.000 Taler Schulden, ein Sakristeianbau sei wichtiger als ein Kloster. Gegenwärtig zahle man pro Taler Steuern noch 9 Silbergroschen Kirchensteuer. Der Pfarrer und der Kirchenvorstand bleiben ruhig und stellen fest: Die Resolution sei von 79 (von 186) Haushaltsvorständen unterschrieben. Fünf hätten vor einem Notar oder dem Kirchenvorstand versichert, keine Unterschrift geleistet zu haben, einer habe die seine zurückgenommen, bei einem anderen habe die Frau unterschrieben. Veranlaßt hätten die Unterschriftsaktion Pfarrmitglieder, die nicht in den Kirchenvorstand gewählt worden seien oder mit dem Pfarrer Streit hätten. Die Schwestern seien im Vorjahr gekommen, "um schulpflichtige Mädchen zu unterrichten, die armen Kranken unentgeltlich zu pflegen und die Zierde des Gotteshauses zu mehren". Der Kirchenvorstand sei vertraglich verpflichtet, den Schwestern ab Herbst eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Das geplante Haus, in dem später "arme Kranke und Waise Aufnahme und Pflege finden" sollten, werde rein aus Spenden finanziert. Es werde "nur soviel gebaut, als die vorhandenen Mittel erlauben". Der Bau der Sakristei sei von der Gemeinde abgelehnt worden. Schließlich müsse niemand wegen der Ansiedlung der Schwestern in Hehn mehr Steuern zahlen, wie diese "Querulanten" behauptet hätten.

Wie bereits erwähnt, die Regierung in Düsseldorf sah keinen Anlaß einzugreifen. Doch Berchem kam nicht aus den Sorgen heraus. Der Staatszuschuß lief 1869 aus. Sein Einkommen war ohne diese Beihilfe damals keine 450 Taler hoch. Er mußte einen allen, vermögenslosen Vater unterhalten und kränkelte. Die Pfarre mit 865 Seelen war arm. Hier lebten u.a. 12 Arme, 42 Tagelöhner und 69 Weber. Mehr als das Existenzminimum hatte nur etwa ein Fünftel der Bevölkerung. Die Schulden der Pfarre betrugen noch 1568 Taler. Am liebsten wäre es Berchern gewesen, man hätte seinen Zuschuß in ein festes Gehalt von 262 Taler 15 Silbergroschen, wie es die anderen Pfarrer 2. Ordnung erhielten, umgewandelt. Stattdessen lehnte das Ministerium jetzt auch den Zuschuß ab, Das Pfarreinkommen sei nicht "darnach angethan, die dauernde Fortgewährung des Zuschusses zu motivieren". Von einem Staatsgehalt könne überhaupt keine Rede sein. Doch war dies nicht das letzte Wort: Am 2. August 1869 wurde durch "Allerhöchste Kabineitsordre" des Königs der Zuschuß weitere 10 Jahre gewährt.

Mehr Freude machte Berchem die Errichtung der neuen Muttergotteskapelle. Als das alte Kapellchen 1866 immer baufälliger geworden war, begann Berchem mit einer Türkollekte in der Mariä-Heimsuchungs-Oktav, um das Geld für einen Neubau zu sammeln. Außerdem wurde dafür ein Opferstock aufgestellt. In einer Versammlung, zu der alle Hehner Männer in die Schule eingeladen worden waren, wurden Wünsche für die neue Kapelle vorgetragen. Sie sollte im gotischen Stil in Form eines Achtecks an der alten Stelle erbaut werden und nicht zu groß sein wegen der Nähe zur Pfarrkirche. Ein Plan des bekannten Düsseldorfer Architekten Rincklake (1843-1915) wurde nicht akzeptiert, weil er kein Achteck vorsah. Einen weiteren Entwurf verwarf das Generalvikariat, das den Plan Rincklakes favorisierte. Als Rincklake, von den Hehnern gedrängt, 1869 einen Oktogonentwurf einreichte, bestand Köln auf dem ersten Plan. Die Hehner reichten Entwürfe anderer Architekten ein. Darauf genehmigte 1870 die erzbischöfliche Behörde plötzlich den verworfenen zweiten Entwurf von Rincklake. Jetzt wollten die Hehner nicht mehr. In einer erneuten Generalversammlung entschieden sie sich einstimmig, die Friedhofkapelle von Waldniel nachzubauen. Sie bestimmten ein Baukomitee und begannen ohne Genehmigung mit dem Bau, nachdem die alte Kapelle abgerissen worden war. Ohne Schulden machen zu müssen, vollendeten sie den Bau, der aus Spenden und Kollekten finanziert werden konnte. 1872 drückte der Erzbischof P. Melchers (1813-1895) bei der Visitation sein Wohlgefallen aus. Im Inneren stand die Muttergottesstatue, die damals sehr schadhaft war und deshalb mit einem Mantel bekleidet worden war. Über den Ursprung war im 19. Jahrhundert nichts mehr bekannt. Es gab nur die Sage, ein Marienbild sei zweimal zu den Kapuzinern nach Gladbach gebracht worden, aber jedesmal nach Hehn zurückgekehrt. Dann sei es nach Aldenhoven gekommen, "wo man jedoch letztere Thatsache bestreitet und über die Auffindung des dortigen Gnadenbildes Urkunde zu besitzen erklärt", so berichtetjedenfalls der Pfarrer 1869 an den Erzbischof.

1873 verließ Pfarrer Berchem Hehn, um die Pfarrei Lamersdorf bei Diiren zu übernehmen. Da aber während der Auseinandersetzungen zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche seit 11. Mai 1873 eine Anzeigepflicht bei der Neuübernahme einer Pfarrstelle bestand und der Kölner Erzbischof sich weigerte, so etwas zu tun, wurde Berchem "wegen Vornahme geistlicher Amtshandlungen in einem gesetzwidrig ihm übertragenen Amte" zweimal verurteilt. 1874 suchte er deshalb Zuflucht im Hehner Kloster, was sofort angezeigt wurde. 1876 tauchte er in Werden auf, um dort die Akten der kirchlichen Armenverwaltung zu ordnen. Als er dort 1877 an einem Begräbnis teilnahm, wurde sofort bei der Regierung in Düsseldorf angefragt, ob dies eine Amtshandlung sei. Am 4. Mai 1886 starb er in Werden, ohne je wieder ein kirchliches Amt übernommen zu haben. So endete das Leben eines Pastors, dem Hehn sehr viel zu verdanken hat: die Pfarrkirche, das Kloster und die Muttergotteskapelle.

Zuguterletzt noch ein Wort über die benutzten Quellen: Über die Vorund Frühgeschichte liegen sowohl im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (Regierung Düsseldorf 4074 u. 26762, Landratsamt Gladbach 595) als auch im Diözesanarchiv in Aachen (Gvo M.Gladbach-Hehn 1,1; Gvo M.Gladbach-Hehn Idl und Gvo M.Gladbach Hehn 2,1), im Münsterarchiv (Akten 5890 u. 5892) und im Hehner Pfarrarchiv (Nr. 62, 65, 105) Akten vor. Ober den Kapellenbau liegen neben Hinweisen im Diözesanarchiv Aachen (Gvo M.Gladbach-Hehn 2,1) ebenfalls Akten im Pfarrarchiv vor (Nr. 87, 89).

Text: Dr. Wolfgang Löhr    

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.