Vom Ersten Weltkrieg bis zur Adenauerzeit, Pfarrer Wilhelm Pastern (1916-1954)

Nach dem Tod von Theodor Jöbges wurde wenige Monate später, am 27. November 1916, Wilhelm Pastern zum Pfarrer in Hehn ernannt. Er stammte wie sein Vorgänger aus einem benachbarten Ort, nämlich aus Willich (Kreis Viersen). Dort war er am 17. Februar 1872 als Sohn eines Arztes geboren worden. Nach dem Abitur in Kempen 1892, einem Theologiestudium in Bonn und der Ausbildung am Kölner Priesterseminar wurde er mit 24 Jahren am 2. Juli 1896 in Köln zum Priester geweiht.

Als Kaplan hatte er erste seelsorgerische Erfahrungen in der Mönchengladbacher Arbeiterpfarre Hermges gemacht. Danach wechselte er an die Pfarre St. Johann Baptist in Essen und erhielt als erste Pfarre Mechernich (Gemeinde Weilerswist/Kreis Euskirchen). Als er nach Hehn kam, war er 45 Jahre alt und brachte eine gehörige Menge Berufserfahrung mit. Da das unterwohnte Pfarrhaus renoviert werden musste und die Hehner sich seiner Meinung nach zu viel Zeit ließen, konnte er erst am 27. März 1917 eingeführt werden.
Eine Zeit der Umbrüche und Katastrophen
Während der 34 Jahre, die Pastern die Pfarre führte und damit einen Rekord aufstellte, ging die Wilhelminische Epoche und das Kaiserreich zu Ende, erlebte die Pfarre die Weimarer Zeit, die nationalsozialistische Herrschaft,den Zweiten Weltkrieg, den Untergang des Deutschen Reichs und schließlich den demokratischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau. Es war eine Zeit der Umbrüche und Katastrophen, die es schwer machten, die Pfarre zu führen und Schaden von ihr abzuwenden. Auseinandersetzungen mit dem Kirchenvorstand blieben ihm nicht erspart. Der wandte sich sogar 1921 beschwerdeführend an das Kölner Generalvikariat und fragte nach den Rechten und Pflichten eines Kirchenvorstands.Pasterns Ablehnung der Nationalsozialisten, die in Hehn bei den Wahlen stets unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt blieben, war bekannt. Als er 1940 im Schulunterricht darauf hinwies, dass die christliche Nächstenliebe auch für Polen und Engländer gelte, wurde er angezeigt und wegen staatsabträglicher Äußerungen von der Geheimen Staatspolizei verhört.Anschließend wurde er in Düsseldorf vor ein Sondergericht gestellt. Am 22. Oktober 1940 wurde das Verfahren mangels Beweises eingestellt, Pastern aber „richterlich verwarnt“. Dass seine Kirche im Krieg von schwerenZerstörungen verschont blieb, war ein Glücksfall, ebenso wie der Umstand, dass die Häuser in der Pfarre kaum Schaden genommen hatten.Aber die Arbeitslosigkeit in der Weimarer Zeit, die finanziellen Einbußen und der Verlust vieler Männer, die in den beiden Kriegen als Soldaten umkamen, der drohende Glaubensverlust u.a.m. trafen seine Pfarrangehörigen natürlich genauso wie die Bewohner der Gladbacher Innenstadt. Pastern galt als guter Kanzelredner. Er sagte, was seine Überzeugung war, und scheute keine Konflikte.
Aloysia Löwenfels, eine Märtyrerin des 20. Jahrhunderts
Wieweit Wilhelm Pastern über das Schicksal der späteren Dernbacher Schwester Aloysia Löwenfels (1915-1942), die vorher Luise hieß, informiert gewesen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Am 25. November 1935 wurde sie in Hehn in der Kapelle der Schwestern von dem Franziskanerpater Mauritius Demuth (1878-1957) getauft, der als Ordinarius für das Krankenhaus in Hehn bestellt war. Luise Löwenfels entstammte einer jüdischen Familie aus Trabelsdorf (Verbandsgemeinde Lisberg/Kreis Bamberg).Sie war Kindergärtnerin und hatte in Frankfurt a. M. gearbeitet. In Recklinghausen fand sie eine Stelle als Erzieherin bei einer jüdischen Familie, die ihr kündigte, weil sie Konvertitenunterricht nahm. Danach wurde sie nach Mönchengladbach vermittelt. 1937 emigrierte sie in die Niederlande wegen des zunehmenden Antisemitismus in Deutschland.In Geleen-Lutterade trat sie den Dernbacher Schwestern bei. Nach ihrer Verhaftung befand sie sich vom 2. bis 9. August 1942, dem Tag ihres Tods in der Gaskammer von Auschwitz, im Kreis der 1998 heilig gesprochenen Edith Stein (1891-1942). Aloysia Löwenfels wurde nur 27 Jahre alt. Seit 2006 steht sie im deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts.
Wenig erinnert an Pfarrer Pastern
Die schwierigen Zeiten, in denen Wilhelm Pastern in Hehn wirkte, ließen keine größeren Um- und Weiterbauten zu. In seine Zeit fällt die Gründung des ersten Kindergartens 1917, der auch zum „katholischen Netz“ hinzugehört, und die Errichtung des Kriegerdenkmals 1926, über das heftig diskutiert wurde und nur noch im Groben dem Entwurf des Düsseldorfer Künstlers Henry W. Dietrich entspricht. Ziel war es zu verhindern, dass das Denkmal den Gesamtcharakter der Umgebung der Kirche mit den Grotten störte.Es blieb das Einzige, das heute an Pastor Pastern sofort erkennbar erinnert.Er ist heute fast in Vergessenheit geraten, obgleich er der Geistliche mit der längsten Amtsdauer in Hehn gewesen ist und in schwieriger Zeit seinen Mann gestanden hat.Nach dem Zweiten Weltkrieg war er immer eigentümlicher geworden. Das katholische Vereinsleben hatte er verkümmern lassen. Mit seinen drei unverheirateten Schwestern lebte er im ungepflegten Pfarrhaus. Er las die Messe und predigte sonntags, „und der Rest war ihm egal“, wie es der Monfortaner-Pater Harry Hendriks (1920-2001) bitter vermerkte. Dieser war von 1948 bis 1954 sein Kaplan gewesen.Wilhelm Pastern ging 1954 in den Ruhestand und verbrachte noch anderthalb Jahre in Ittenbach (Gemeinde Oberpleis/Rhein-Sieg-Kreis). Er starb am 29. Januar 1956 und liegt wie sein Vorgänger auf dem Hehner Friedhof begraben.

Eintrag in das Hehner Taufbuch über die Taufe von Aloysia Löwenfels 1935

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